23.01.2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren:

I.

Erlauben Sie mir bitte, dass ich für mein Statement “Auswirkungen neuer Medien auf den Markt der Filmprodukte“ etwas aushole: Manuel Castells, Professor für Soziologie und Stadt- und Regionalplanung in Berkeley, und wie mir alle sagen, die es wissen müssen, ein berühmter Denker, beginnt sein großes dreibändiges Werk Das Informationszeitalter mit folgenden Sätzen: “Gegen Ende des zweiten Jahrtausends christlicher Zeitrechnung haben mehrere Ereignisse von historischer Tragweite die gesellschaftliche Landschaft des menschlichen Lebens verändert.“ Dann zählt er solche Veränderungen auf.

Er verweist auf so wichtige Entwicklungen wie

  • den Machtzuwachs des Kapitals gegenüber den Anbietern von Arbeitskraft oder
  • das Ende des Kalten Krieges und die unabsehbaren Folgen, vor allem aber, was er
  • die „technologische Revolution“ nennt. Castells spricht von einem „neuen Paradigma“ „mit der Informationsgesellschaft im Mittelpunkt“, das sich in den 70er Jahren vor allem in den USA herausbildet und inzwischen auf die gesamte westliche Welt übergegriffen hat.


Da Sie auf einer Klausurtagung sind, habe ich gedacht, ich dürfte etwas steiler einsteigen als sonst. Aber nicht nur deshalb. Die Sache selbst ist steil genug. Es ist nicht weniger als eine Revolution der Medien, die derzeit stattfindet, auch wenn sie sehr leise auftritt. Manche sagen, die Gutenberg-Galaxis, also die Phase, in der der Buchdruck prägend war, werde nun durch die Turing-Glaxis, also die Phase, in der das Rechnen mit Informationen alles prägt, abgelöst.

Turing-Galaxis ist ein Begriff, den der an der Humboldt-Universität lehrende Medienwissenschaftler Friedrich Kittler der Gutenberg-Galaxis, einem Schlagwort, das von Marshall McLuhan stammt, an die Seite stellt.

Der englische Mathematiker Turing entwarf 1936 eine so genannte Papiermaschine, die die menschliche Fähigkeit des Rechnens modellieren sollte. Diese Maschine hat sich als perfektes Modell für den Algorithmus erwiesen und sie ist zum Bauplan moderner Rechenanlagen geworden. Turings Konzept ging aber weit über das Rechnen hinaus.

Es ging ihm um eine Zeichenverarbeitungsmaschine, eine Maschine, die ganz allgemein Zahlen, Buchstaben oder beliebige digitalisierte Signale verarbeiten kann.

Alles, was man heute neue Medien nennt, hängt auf die eine oder andere Weise mit dieser Revolution, mit diesem neuen Paradigma zusammen. Das Merkwürdige ist allerdings: Diese Revolution entfaltet zwar bis in die letzten Lebensbereiche hinein ihre Wirkung. Sie wird aber von den betroffenen Menschen nicht als Revolution wahrgenommen.

Was ist das für eine Revolution?

Ich spreche – und das meint das von Kittler eingebrachte Wort Turing-Galaxis - von der Digitalisierung der Information, also des Signals, für unser Geschäft die die Digitalisierung von Tönen und Bildern einschließt.

Diese Digitalisierung leistet vor allem dreierlei und unterscheidet sich darin elementar von der analogen Welt vor der Digitalisierung.

Der erste Effekt ergibt sich aus der Datenkompression. Die Verschickung von digitalisierten Daten ist - möglich gemacht durch enorme Rechnerleistungen – in unvorstellbaren Größenordnungen möglich, von denen man in der analogen Welt nur träumen konnte. Die Kapazität, die jeweils nötig ist, unterscheidet sich im fortgeschrittenen Stadium wie sich ein Flugzeughangar von einer Streichholzschachtel unterscheidet.

Der zweite Effekt liegt in der extremen Beschleunigung bei der Verbreitung von Daten, also dem Grundprozess von Kommunikation. Man kann dies leicht an der Zeit ablesen, die ein Brief von A nach B braucht und der Zeit, die eine E-Mail von A nach B braucht. Dazwischen liegen nicht nur Tage, sondern Welten.

Der dritte Effekt der Digitalisierung, sein ökonomisch wichtigster, besteht darin, dass die Kosten für den Transport des Signals, die noch vor 50 Jahren eine Wasserscheide zwischen Arm und Reich waren, immer mehr gegen null gehen. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, in der Telefonieren ein echter Luxus war.

Der Verfall der Telefonpreise ist dafür nur ein Beispiel für den rasanten Wandel.
Ein anderes Beispiel ist die CD und neuerdings die DVD, die die Konzentration von einer Unmenge von Daten auf kleinstem Raum erlauben, einem Raum, der in den nächsten Jahren noch viel kleiner werden wird. Was das allein für die Aufzeichnung von Filmen räumlich bedeutet, kann man leicht an dem Platz sehen, den man nun spart. Da kann sich jeder durchschnittliche Privatmann im Selbstversuch die nötige Anschauung holen.

II.

Ich habe ein bisschen ausgeholt. Doch das ist bei Revolutionen nie falsch. Denn die durch die Digitalisierung erzeugte Revolution der technischen Kommunikation ist der Rahmen, in dem sich auch ein ganz klassischer Produzent von Spielfilmen und Serien vorfindet und in dem er sich bewegen und zurechtfinden muss. Dabei geht es ihm anders als seinen Vorfahren. An das Buch haben sich die Menschen mehrere Jahrhunderte gewöhnen können. Beim Fernsehen ging es schon sehr viel schneller.
Was die Digitalisierung angeht, ist die Zeit sehr knapp, um sich zurecht zu finden und sich a jour zu halten. Die Dinge entwickeln sich einfach ungeheuer schnell.

Manuel Castells erinnert daran, dass in den Vereinigten Staaten das Radio 30 Jahre brauchte, um 60 Millionen Menschen zu erreichen; das Fernsehen erreichte dieses Verbreitungsniveau innerhalb von 15 Jahren. Das Internet schaffte es in gerade drei Jahren nach der Entwicklung des „World Wide Web“.

Dieses Tempo macht nicht nur im Privatleben Probleme. Auch auf das Business wirkt sich das massiv aus. Das technologische Tempo macht es zum Beispiel außerordentlich schwierig und riskant, Investitionen vorzunehmen. Entsprechend viele veraltete Systeme, Kameras zum Beispiel, stehen bei uns herum. Vielleicht sind Investitionen, die ich heute tätige, durch die nächste Generation von Geräten nichts als verbranntes Geld. Das macht es auch, dass die Medienindustrie heute die vielleicht letzte Industrie ist, in der die Goldgräber überlebt haben. Weil es so viel Neues gibt, rechnet sich jeder aus, auch er könnte einmal bei denen sein, deren Angebot plötzlich ein Renner wird.

Es ist ja auch wahnsinnig viel Geld unterwegs. Die 5o größten Medienhäuser machen zusammen einen Umsatz von 326 Milliarden Euro. Da möchte man irgendwie auch dabei sein.

III.

Doch mittelständische Produzenten sind nicht nur keine Spielernaturen. Sie drehen natürlich auch ein etwas kleineres Rad. Lassen Sie mich von den Speichen dieses Rades ein wenig berichten.

Zum ersten Mal richtig gemerkt habe ich die Digitalisierung, als die Regisseure am Set neben der Kamera sehen konnten, was ihr Kameramann oder die Kamerafrau gerade aufgenommen hatten.

Sie mussten nicht mehr warten, bis das Material entwickelt war. Sie hatten es vor Augen im Moment ihres Entstehens. Das hat manche dazu gebracht, Schwächen einer Szene sofort auszugleichen.

Andere haben das benutzt, um zwanzig Klappen zu schlagen, bis es ihnen richtig gut gefallen hat. Für den klassischen 35mm-Film war das ein Problem. Material kostet Geld.

Doch für die digitale Kamera spielt das keine Rolle. Das Material kostet kaum noch etwas. Es ist wie mit einem Farbband. Heute brauche ich es nicht mehr und spare Geld.

Auch sonst hat sich in den letzten Jahren enorm viel verändert durch die digitalen Techniken.

Das fängt an bei einem PC, den der Filmgeschäftsführer mit Programmen füttert, die ihm, wenn er seine Zahlen eingibt, jederzeit sagen, was er an Geld schon verbraucht hat und die auch einen Forecast erlauben. Man weiß am letzten Drehtag, ob man im Geld geblieben ist oder nicht. Eine unglaubliche Erleichterung gerade auch für den Produzenten, der die Musik bezahlt hat.

Der PC nützt uns soviel, wie er anderen Berufen inzwischen auch nützt. Vom mobilen Telefon gar nicht zu reden. Kaum jemand kann sich heute noch vorstellen, wie man ohne Handy überhaupt produzieren konnte. Allerdings hat das die Kosten nicht unbedingt gesenkt. Nur die Genauigkeit ein wenig durchlöchert. Man kann ja notfalls von überall nach überall anrufen. Da darf man schon mal was vergessen. Womit ich sagen will, dass man von den schönen neuen Sachen immer das nehmen sollte, was sie am besten können.

Der digitale Schnitt funktioniert völlig materiallos. Die Kosten sind überwiegend Personalkosten, die für hoch bezahlte Spezialisten anfallen. Man bekommt den Rohschnitt inzwischen auf einer DVD. Das ist sehr angenehm, weil man die dann verschicken kann. Und andere fragen kann, was man noch ändern sollte. Oder mit dem Komponisten der Filmmusik ins Gespräch über Einzelheiten gehen kann. Bei ihm zu Hause an seinem Synthesizer.

Veränderungen dieser Art, meistens Erleichterungen, haben eine interessante Voraussetzung bzw. Folge.

Die Berufe innerhalb des Produzierens haben sich weiter gespreizt, ausdifferenziert, spezialisiert. Vieles würde man früher nicht gemacht haben, weil es ja gar nicht ging. Heute macht man es, etwa in der Postproduktion, weil es fast schon State of the Art ist. Aber es kostet Geld. Man muss es aber machen, weil das Publikum inzwischen darauf programmiert ist, auf den enormen Schauwert, den die Special Effects bringen.

Produzieren ist insofern gesehen insgesamt teurer geworden, weil man einfach mehr machen kann.

Man kann sich die Schauspieler einer Agentur im Internet holen, aber man wendet dafür viel mehr Zeit auf als früher. Es ist kein Zufall, dass es heute viel mehr Cast-Agenturen gibt als vor zwanzig Jahren, obwohl sich das Produktionsvolumen kaum erhöht, in manchen Genres sogar verringert hat.

Wenn Sie die Probe aufs Exempel des Schauwerts machen wollen, dann müssen Sie nur einmal eine DVD, sagen wir von dem Film „Anna Karenina“ oder „Fluss ohne Wiederkehr“ anschauen – Sie merken den technologischen Unterschied zu einem Film von heute sofort, obwohl die Techniker auch damals schon viele gute Tricks kannten.

Digital Produzieren heißt auch: viel mehr probieren als früher. Es kostet ja nichts. Denkt man. Aber es kostet natürlich Zeit. Und die hat beim Produzieren immer am meisten gekostet.

Aber auch dies nimmt nichts von der Bewertung, dass es heute eine Fülle neuer Möglichkeiten gibt, einschließlich der Herstellung künstlicher Bilder, was bei Katastrophenfilmen einen qualitativen Sprung bedeutet. Noch einmal das schon genannte Beispiel: Was in Fluss ohne Wiederkehr, einem Film von Otto Preminger aus dem Jahr 1954, technisch gesehen brillant war, ein Floß auf einem reißenden Fluss mit Marilyn Monroe und Robert Mitchum auf den Planken, das ist heute schlechter Durchschnitt. Die Flut zeugt da ganz andere Effekte. Von Harry Potter ganz zu schweigen.

Aber auch dieses Beispiel zeigt: man muss die Technik verfügbar haben und man muss sie bezahlen können. Man kann zwar viel mehr machen, aber man macht es dann auch und muss dafür bezahlen. Umso wichtiger ist es, eine solche Firma wenigstens in der Nähe zu haben, die Special Effects nach neuestem Standard produzieren kann. Weil sie die großen Rechner hat, die man dazu bracht. Und das technologische know how.

IV.

Damit bin ich bei dem Markt für Filmprodukte. Er ist, was man ebenso begrüßen muss wie man es kritisieren kann, verwöhnt und verdorben durch diese technologisch erzeugten Filme, die Welten vorstellen, die unglaublich sind. Die letzten Beispiele sind Harry Potter und Herr der Ringe, aber auch King Kong. Filme mit wahnsinnigen Budgets, die aber in aller Regel ihr Geld machen, weil sie eine perfekte Illusion anbieten.

Das ist schön. Aber es ist auch gefährlich, jedenfalls für uns. Es darf nicht verwundern, dass es kleine Filme, mit kleinen Geschichten und kleinen Budgets, gegen solche Blockbuster schwer haben oder gar ohne Chance sind. Das Event-Kino mag gut sein für die wenigen, die daran verdienen. Für das Gros der Filmemacher ist es eine mittlere Katastrophe. Es legt die Latte des Schauwerts so hoch, dass kaum noch jemand so hoch fliegen kann.

Dennoch bleibt einer Mittelständischen wie mir nichts anderes übrig, als es immer wieder zu probieren. Mein Kapital ist nicht Kapital, sondern die besondere Geschichte, die es freilich schon deshalb am Markt schwer hat, weil die PR-Budgets fehlen, die man in Hollywood hat.

Doch auch das Schlechte hat zwei Seiten, eine schlechte und eine gute. Sagt der Pole Stanislaw Lec. Die Digitalisierung hat, was den Markt angeht, auch ihre gute Seiten. So kann ich zum Beispiel heute meine Filme, deren DVD-Rechte in meinem Besitz sind, brennen lassen und selbst anbieten. Da die Produktion sehr billig ist, lassen sich in einzelnen Fällen gute Gewinne erwirtschaften.

Hier handelt es sich um eine unmittelbare Auswirkung der neuen Medien auf mein alltägliches Geschäft.

Allerdings wird auch hier der Nachteil sichtbar: die Zahl der Kinobesucher bleibt von dieser Möglichkeit nicht unberührt und sinkt und sinkt. Wenn jeder demnächst zu Hause schöne HDTV-Qualität auf flachen Bildschirmen hat, ist der Unterschied zum Filmtheater wieder ein Stück kleiner geworden.

V.

Lassen Sie mich noch auf ein Gebiet gehen, das derzeit erste Konturen zeigt. Sicher haben Sie verfolgt, dass die großen Telefonprovider immer mehr dazu übergehen, auf ihre mobilen Telefone auch Content aus dem weiteren Bereich von Fernsehen anzubieten: Sport, Nachrichten, Trailer. Bisher sind das einfach Angebote aus dem real existierenden Fernsehen, von RTL oder dem ZDF.

Doch das interessiert naturgemäß nur wenige. Inzwischen gibt es erste Beispiele für ein neues Format, das man mobilsodes nennt, eine Mischung aus mobil und Episode, Geschichten mit einem kurzen Verlauf, drei oder vier Minuten. Geschichten, die so produziert werden, dass man sie auch auf einem kleinen Display ansehen kann. Die so verlaufen, dass man sie in der Mittagspause abruft, für kleines Geld. In der Bahn. Im Park. Beim Essen allein zu Haus.

Sagen Sie nicht, dass das Unfug ist. Wie schnell die Menschen ihre Kommunikationsgewohnheiten ändern können, hat das Handy gezeigt. Oder hätten Sie sich vorstellen können, dass das Telefongeheimnis, einst gehütet wie ein Stück Verfassung, so schnell und so leicht an jeder Straßenecke, in jedem Lokal freiwillig gelüftet wird, dass sich am Nebentisch niemand geniert, seine Geheimnisse mit Stentorstimme auszubreiten?

Mobiles Fernsehen über das Telefon erzeugt, wenn es funktioniert, ein völlig neues Format, das auch für Produzenten sehr bald schon interessant werden könnte. Eine Art von Daily lunch soap.

Überhaupt lohnt es sich, zu überlegen, welche speziellen Inhalte man für hybride Formen anbieten könnte, die weder Fernsehen noch Internet, sondern beides sind, die man on demand bekommt oder auch nur zu bestimmten Zeiten.

Die Äußerungen, die man auf den letzten großen US-amerikanischen Messen und Kongressen über die Zukunft der Medien einsammeln kann, gehen alle in dieselbe Richtung.

Wir dürfen uns nicht mehr nur auf das Fernsehen als unsere Abspieltechnologie beziehen. Es wird zwar ein wichtiger Partner bleiben. Aber andere werden dazukommen. Sie brauchen alle Inhalt. Speziell für sie gemachten Inhalt oder einen, der sich für verschiedene Plattformen eignet. Der Typ des Auftragsproduzenten, der sich über Jahrzehnte in Deutschland entwickelt hat, ist eine aussterbende Spezies. Man muss sie aber nicht unter Artenschutz stellen. Man muss sie dazu bringen, sich wie eine Quelle für Inhalte zu verstehen, die ihr Wasser jedem anbietet, der es haben will und dafür bezahlen kann.

Der Rohstoff der Informationsgesellschaft ist der Inhalt, den man verkaufen kann. Wenn das so ist, bin ich sehr zuversichtlich, dass meine Branche eine gute Zukunft haben wird. Wie immer ist es schwierig, in der Zwischenzeit zu leben, in der das Alte noch vorherrscht und das Neue sich erst vorsichtig zeigt. Aber es ist nicht nur schwierig, es ist auch sehr spannend.

VI:

Sie sehen, meine Damen und Herren, dass ich Ihnen keine abgeschlossenen Überlegungen anbieten kann. Die Technologien und die Überlegungen zu Inhalten sind so im Fluss, dass niemand genau sagen kann, wohin die Sache am Ende geflossen sein wird. Wenn wir nicht überspült werden wollen, müssen wir uns einen Überblick darüber verschaffen, was da auf uns zukommt und woher die neuen Inhalte kommen könnten.

Das werden Produzenten nicht alleine schaffen, wenn sie nebenher noch hauptsächlich produzieren sollen. Vielleicht könnte das dann auch ein Punkt sein, der zwischen denen, die die Rahmenbedingungen schaffen – und so verstehe ich Politik – und denen, die sie dann füllen müssen, besprochen, geplant und umgesetzt werden kann.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, meine Damen und Herren, dass ich nicht eine kernige Forderung an Sie gerichtet habe. Ich habe auch nicht mit einem einzigen Wort geklagt.

Auf beides haben Sie verzichten müssen, weil ich meinen Beruf so sehe, dass wir uns erst einmal selbst helfen müssen, bevor wir andere für unser Elend oder unsere Zukunft in Anspruch nehmen. Ich habe es immer so gehalten und bin ganz gut damit gefahren. Man bringt es dann nicht zu Reichtümern. Aber man hat den nötigen Spaß bei der Arbeit.

Vielleicht haben Sie von mir erwartet, dass ich Sie um Standortpolitik in Sachen Medien bitte, ich will Ihnen nicht verhehlen, dass mir diese Betrachtung immer fraglicher wird.

Sicher: von allem möglichst viel in der Stadt zu haben ist gut, besser ist, wenn ein Platz wie Berlin, beziehungsweise eine Region wie Berlin-Brandenburg sich als Knotenpunkt in einem weltweiten Netz versteht. Es kann für mich wichtiger sein, ein Geschäft in Amerika zu machen, Kontakte in China bedeuten in Zukunft mehr als eine spezielle Adresse in Berlin. Ich will das Kind nicht mit dem Bad ausschütten, natürlich ist ein Standort wichtig – aber wichtiger wird die Vernetzung mit anderen Standorten. Dafür kann die Politik einiges tun.

Lassen Sie mich zu etwas aktuellem noch etwas sagen. Ich weiß nicht, wie Sie eine Verbindung von Springer und Pro7/SAT.1 sehen. Sicher gibt es dabei publizistisch nicht ganz unproblematische Möglichkeiten. Die Sache hat aber auch mit meinem Gewerbe zu tun. Wenn ich mir vorstelle, dass deutsche Fernsehprogramme in die Hand von internationalen Investoren fallen, weil es keine nationale Lösung gibt, dann muss ich mir leider auch vorstellen, dass solche Sender an Produktionen deutscher Produzenten kein genuines Interesse haben.

Deshalb ist diese angestrebte Fusion nicht nur so zu sehen, dass sie Probleme macht, sondern auch so, dass sie Probleme nicht entstehen lässt. Ich wollte Sie mit dieser Position doch noch konfrontieren, weil dies bisher keine wichtige Rolle gespielt hat. Für uns Produzenten ist eine nationale Lösung auch ein Stück Existenzgrundlage.

Meine Damen und Herren: danke, dass Sie mir zugehört haben – und vergessen Sie nicht: bewahre Dir Deine Träume, Du kannst nie wissen, wann Du sie brauchst.

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